Veröffentlicht am: 27. Mai 2025Kategorien: News

So sollen die deutschen Häfen sicherer werden

27. Mai 2025 | Das neue digitale Freistellungsverfahren für Containerimporte über Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven soll den Drogenschmuggel eindämmen. Dakosy-Projektleiter Sven Reimers erklärt die Details in einem Gastbeitrag.

Die Bedrohungslage ist akut. Man sehe eine „Kokain-Schwemme“ in Europa, sagte der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, kürzlich gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Ein Einfallstor sind die europäischen Seehäfen. Allein im Hamburger Hafen haben sich die Kokain-Funde in den vergangenen fünf Jahren laut Hafensicherheitszentrum verfünffacht und summierten sich im Jahr 2023 auf über 35 Tonnen.

Angesichts dieser Entwicklung wachsen die Bedrohung und Sicherheitsgefährdung von Mitarbeitenden in den Häfen und deren Kunden. In Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven sind über 20 Reedereien, 12 Containerterminals und etwa 4.000 Speditionen und Logistiker betroffen. Sie alle nutzten bisher das Pin-basierte Freistellungsverfahren, bei dem die Reederei den Spediteur mit einer Referenz berechtigte, den Container am Terminal abzuholen. Gleichzeitig erhielt auch das Terminal Kenntnis über diese Freistellreferenz. Jeder in der Kette der Subunternehmer kannte die Freistellreferenz zur Abholung eines Containers.

Die involvierten Unternehmen, der Zoll und weitere Behörden waren sich schnell einig, diese Sicherheitslücke ganzheitlich schließen zu wollen. Auf der einberufenen Hafensicherheitskonferenz in Hamburg Ende Oktober 2023 wurden die Weichen für das Gemeinschaftsprojekt gestellt. Der in der Abschlusserklärung formulierte Satz zeigte deutlich die Richtung an: „Das gemeinsame Ziel ist ein sicheres Verfahren zur Freistellung der Container durch verschlüsselte, nachvollziehbare und klar begrenzte Datenzugriffe.“

Länderübergreifende Standards
Aus dieser Anforderung haben die Port-Community-Plattformen der Seehäfen, DBH Logistics IT und Dakosy, in Zusammenarbeit mit der Hafenwirtschaft das neue digitale Freistellungsverfahren entwickelt, das sie vom 1. Oktober 2025 an gemeinsam auf der Plattform German Ports betreiben werden. In der scheinbar schlichten Nachricht stecken gleich mehrere Innovationen. So gilt der Freistellungsprozess einheitlich für die deutschen Seehäfen Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven, die dazu noch in drei verschiedenen Bundesländern liegen. Eine gemeinsame Plattform, wie sie die Unternehmen Dakosy und DBH jetzt anbieten, hat es in dieser Form noch nicht gegeben.

Darüber hinaus wird es gelingen, den Importprozess weit über den geforderten Kernprozess der Freistellung hinaus zu digitalisieren und damit die Resilienz der gesamten importseitigen Logistikkette zu erhöhen. Künftig wird von der Freistellung des Reeders bis zur Auslieferung des Containers am Terminal die komplette Berechtigungskette in einem geschlossenen System abgebildet. Außerdem sind die Slotbuchung, die IDP-Applikationen zur Fahreridentifizierung an den Terminals und die Abholung über alle Verkehrsträger im Hinterlandverkehr integriert.Der neue Freistellungsprozess ist so konzipiert, dass die Mitarbeitenden jederzeit geschützt und die Transportbeteiligten abgesichert sind. Die Basis bildet das „digitale Recht zur Abholung“. Es ersetzt die bisherige Pin-basierte Freistellreferenz. Durch das neue digitale Recht wird sichergestellt, dass vom seeseitigen Eintreffen des Containers im Hafen bis zu dessen Abholung durch das Transportunternehmen jederzeit – auch in der Historie – nachvollziehbar ist, wer über den Container verfügen darf. Dabei kann die Freigabe des Containers mit dem „digitalen Recht“ nur von einer autorisierten Partei an die nächste erfolgen. Bei der Abholung selbst findet künftig immer ein digitaler Abgleich statt, ob das jeweilige Unternehmen berechtigt ist. Es ist nicht länger möglich, sich durch einen Pin-Code-Betrug unberechtigt einen Container anzueignen.

Eine zentrale Rolle in Bezug auf die Sicherheit übernimmt die neutrale IT-Plattform von German Ports, die den Zugang zu den sensiblen Daten steuert und Manipulationen verhindert. Ein weiterer Schutz ist hohe Granularität der Abholrechte an der Ware. Diese werden bis auf die Ebene der Spedition oder des Transportunternehmens heruntergebrochen. Vor Ort kann das digitale Recht zur Abholung nur von den Fahrerinnen oder Fahrern ausgeübt werden, die auch dem Transportunternehmen zugewiesen sind.

Das Zusammenspiel mit bestehenden Systemen wie der Slotbuchung und den IDP-Applikationen sorgt zusätzlich dafür, dass eine Containerausgabe an den Terminals nur erfolgt, wenn alle digitalen „Ampeln“ auf grün stehen. Passt eine Information nicht ins Bild, wird der Container nicht freigegeben.

Prozess startet in vier Monaten
Bis zum 1. Oktober 2025 haben Speditionen und Transportunternehmen nun Zeit, sich für das neue Verfahren zu registrieren, dieses intern zu testen und sich auf die verpflichtende Teilnahme vorzubereiten.

Unternehmen können ihre eigenen IT-Systeme über offene Schnittstellen anbinden, ihre bestehenden digitalen Zugänge über die Port Community Systeme von Dakosy (IMP) oder DBH (BIT) nutzen oder die Freistellungen über die Webplattform German Ports abwickeln. German Ports begleitet die Unternehmen mit kostenlosen Informationsveranstaltungen durch diese Vorbereitungsphase.

Quelle: DVV Media Group GmbH / Sven Reimers ist Projektleiter für German Ports bei Dakosy